Buenos dias, Havanna!
Havanna ist die Intensität des Lebens in seiner sinnlichsten Ausprägung. Eine Sinfonie der Farben, Gerüche, Geräusche, begleitet vom Licht der Sonne und dem Spiel der Wellen – das mich von meinem Wohnzimmerfenster aus jeden Tag in den Bann zog. Jeder Tag in dieser fremden Stadt war faszinierend, immer brachte mich irgendetwas zum Staunen.
Nun wollte ich es wissen. Ist die Faszination noch da?
Wird mich die Magie Havanna’s wieder beflügeln? Die letzten zwei Jahre lebte ich quasi in einer Fernbeziehung, immer im Kontakt, doch weit weg. 2015 bin ich ihrem Charme erlegen. 2016 ging ich wieder und bin über ein Jahr dort geblieben.
Als meine Auszeit in Havanna zu Ende ging, nahm ich schweren Herzens Abschied – mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Nun kehrte ich zurück.

Kuba-Havanna-Gran teatro am Parque Central
Oh ja, 2016 in Havanna war ein besonderes Jahr, eines das Geschichte machte. Ein Jahr des Aufbruchs und der Euphorie.
Geprägt vom Besuch Obamas und zuvor des Papstes, vom Glamour der Sternchen rund um die Chanel-Modenschau auf dem Prado. Vom Sound der Rolling Stones, die ein kostenloses Live-Konzert gaben… (natürlich war ich dort) und den Sommerhits aus den dröhnenden Lautsprechern der bunten Oldtimerautos. Enrique Iglesias liess hier sein Video drehen für den Welthit Súbeme la radio
Ich bekomme heute noch Gänsehaut….
Nach fast 60 Jahren Blockadepolitik der USA und sozialistischer Mangelwirtschaft in Kuba schien es, als ob durch die Handreichung Obamas in 2015, ein Vorwärts in der wirtschaftlichen Entwicklung möglich wäre. Die Kubaner freuten sich und feierten.
Und dann gewann Trump die Wahlen in den USA. Schluss, aus mit der Annäherung.
Und dann starb auch noch Fidel Castro. Schluss, aus mit der Feierlaune. 10 Tage verordnete Staatstrauer.




Dennoch, der Tourismus entwickelte sich rasant weiter. Die neuen Flugverbindungen aus den USA sorgten für reichlich People-to-People-Besucher, die mal eben kurz nach Kuba flogen, das so lange verbotenes Land für sie war.
Kreuzfahrtschiffe aus Miami legten in Havanna an und spuckten mehrmals pro Woche ein paar tausend Touristen aus, die durch die Altstadtgassen bummelten und abends wieder aufs Schiff gingen.
Das hat seine Spuren hinterlassen. Ebenso wie der Hurrikan Irma, der im Herbst 2017 das Land und auch Havanna verwüstete.
Im Wunderland der Touristen
Ich spaziere durch die Altstadtgassen von Habana vieja. Keine Frage, an den vier Hauptplätzen ist die alte Diva mächtig herausgeputzt, schön renoviert und geschminkt. Beim Blick nach oben säumen imposante Paläste verschiedener Stilrichtungen die Straßen.
Wenn diese morbide Pracht irgendwann mal komplett renoviert ist, wird dies ein Schatzkästchen ohnegleichen, ein einzigartiges Kulturgut ist sie auch jetzt schon.


Noch nagt der Zahn der Zeit an vielen Fassaden, starker Regen bringt Balkone zum Absturz und in den alten Gebäuden leben Menschen in erbärmlichen Verhältnissen.
Doch diese Menschen sind fröhlich, sie lachen und plaudern miteinander, sitzen am Nachmittag und Abend vor der Tür auf den Stufen oder auf einem alten Plastikstuhl. Sie winken mir zu. Ein allzu neugieriger Blick von mir ins Haus hinein, bringt eine Frau in Verlegenheit. Ich schäme mich.
Bezeichnenderweise hängt auch noch ein Schild an der Tür: hier wohnt der/die Vertreterin des CDR – das Komitee zur Verteidigung der Revolution.
In jedem Stadtviertel gibt es mehrere Vertreter, die dafür sorgen, dass das revolutionäre Gedankengut gewahrt wird. Sie sind akzeptiert und anerkannt, weil sie gleichzeitig Fürsorge und Sozialarbeit des Staates vertreten. Und in gewisser Weise auch für Ordnung sorgen.
„Yo soy famosa“
Ich will das Capitolio besuchen, das Wahrzeichen von Havanna, das seit vielen Jahren zwecks Renovierung geschlossen hatte und nun wieder eröffnet wurde. Vergeblich. Es hat zu. Warum weiß keiner. So wird es mir noch weitere drei Male gehen in den nächsten Tagen.
Bei dem Tempo der Erneuerung wird das Parlament noch lange am Revolutionsplatz ansässig bleiben.
Gegenüber an der Mauer sitzt eine alte Frau mit Hibiskusblüten auf dem Kopf und einer Zigarre in der Hand. Sie posiert für Touristenfotos.


Ich unterhalte mich mit ihr. Sie fragt nach Wasser und hält mir ihren Becher hin. Ein ums andere Mal murmelt sie: „Yo soy famosa“ (ich bin berühmt) und erklärt mir, dass sie schon das Titelmotiv auf Messefotos und Kubareiseführern war.
Zu einer Verbesserung ihrer Einkünfte und Lebenssituation hat dies offenbar nicht geführt. Ich gebe ihr einen Cuc und wünsche ihr alles Gute!
Schluss mit dem amerikanischen Besucherstrom
Kuba hatte für 2019 die 5 Millionenmarke an Besuchern angepeilt.
Doch auch dies dürfte nun Geschichte sein.
President Trump änderte und verschärfte mehrmals die wirtschaftlichen Bedingungen. Es wurde bereits die Höhe für Geldüberweisungen der Exilkubaner nach Kuba reduziert – was den kubanischen Staat empfindlich trifft, da es eine wichtige Deviseneinnahmequelle ist.
Nun wurde kurz darauf ein Gesetz in Kraft gesetzt, das es Exilkubanern ermöglicht, nach der Revolution durch den kubanischen Staat enteignete, private Immobilien einzuklagen.
Im Juni 2019 schließlich änderte Trump von heute auf morgen die Gesetzeslage und kappte den amerikanischen Besucherstrom nach Havanna.
Er verschärfte die Bedingungen für eine Erlaubnis der People-to-People-Reisen von Amerikanern nach Kuba und verbot den amerikanischen Kreuzfahrtschiffen das Anlaufen in Kuba.
Damit fehlen jede Woche Tausende von Tagestouristen – für die kleinen Geschäfte ein Desaster. Für den Erhalt der kubanischen Illusion ein Segen….
Trump will den kubanischen Staat unter Druck setzen
doch die Maßnahmen treffen überwiegend die Bevölkerung. Die privaten Einzelhändler und Paladare (private Restaurants) in der Altstadt und ganz erheblich die privaten Oldtimer-Besitzer mit Taxilizenz, deren Anzahl enorm gestiegen ist.
Die Kreuzfahrtgäste brachten das Geschäft… bis Anfang Juni 2019, dann war von heute auf morgen Schluss. So ist das Leben in Kuba – völlig unberechenbar!

Oldtimer in dritter Generation – sichert ein weit überdurchschnittliches Einkommen
Ich unterhalte mich mit Valentin, er hat seinen türkisfarbenen Schlitten in dritter Generation vom Großvater. Die Taxilizenz kostet ihn monatlich 700 Cuc (ca. 700€), eine ungeheure Summe, wenn man weiß, dass ein normaler Staatsangestellter etwa 30 Cuc im Monat verdient.
Doch die „cuentapropistas“ also Privatunternehmer, arbeiten überwiegend im Tourismus und da sind Preise wie in Europa an der Tagesordnung. Eine Stunde Rundfahrt im Oldtimer kostet locker 30-40 Cuc.
Dennoch, auch für Valentin ist es nicht einfach. Allein für die Lizenz muss er jeden Tag eine Stunde fahren, dann noch Benzin, Unterhalt, Reparaturen und Verdienst …. Und wo sollen jetzt die vielen Fahrgäste herkommen?
So ist das Leben in Kuba
– völlig unberechenbar
Es gibt in Kuba heute noch etwa 60.000 solcher Oldtimer. 1959 waren es 150.000. Das erzählt uns Julio Alvarez, der die bekannteste (private) Oldtimer-Werkstatt in Havanna betreibt.
Er sucht und kauft die alten Autos im ganze